Regie: Sam Peckinpah
Zeiten verändern sich...
"Junior Bonner" ist einer der weniger bekannten Filme von Sam Peckinpah. Er entstand 1971, also zwei Jahre nach seinem Welterfolg "The Wild Bunch" und ein Jahr vor seinem kommerziell erfolgreichsten Streifen "Getaway". Die Kritik war mau und auch das Publikum fand den Neo-Western eher uninteressant, was sich an den mageren Zuschauerzahlen bewies.
Vielleicht weil "Junior Bonner" eher eine verhalten inszenierte und melancholische Charakterstudie ist und auch keine Gewaltexzesse stattfinden.
Stattdessen wirkt der Film fast etwas dokumentarisch und schaut dem üppigen Treiben eines Rodeo zu.
Arizona in den frühen Siebzigern: Es ist Unabhängigkeitstag und in der Stadt findet die alljährliche Parade und das anschliessende grossangelegte Rodeo statt. Grund genug, dass Junior (Steve McQueen) seine alte Heimat und seine Familie besucht. Er hat sich fest vorgenommen in der gefährlichsten Disziplin beim Rodeo, dem Bullenreiten, diese magischen 8 Sekunden zu schaffen. Doch der Stier, den er gerne reiten würde, ist gefürchtet und legendär. Das Preisgeld käme auch gelegen, weil Junior wieder mal Pleite ist.
Er ist ähnlich wie sein Windhund von Vater. Ace Bonner (Robert Preston), der Weiberheld, Rodeoreiter, Goldsucher, Alkoholiker, Großmaul und Taugenichts. Anders die bodenständige Mom Elvira (Ida Lupino), die die Eskapaden ihres Mannes all die Jahre stillschweigend und zähneknirschend ertrug. Curly (Joe Don Baker) ist der clevere und ungleiche Bruder, ein Grundstückspekulant und DER Familienkapitalist. Verheiratet mit der hübschen Ruth (Mary Murphy
Während Junior die Freiheit liebt und es nie lange an einem Ort aushält
und sein ganzes Leben eine grosse Rodeotour zu sein scheint, hat es
Curly geschafft im weiten Land sesshaft zu werden und den neuen
"american Way of Life" erfolgreich zu leben. Er rechnet in Dollar, der
wilde Bruder in Sekunden.
Durch seine Freundschaft mit dem Rodeoveranstalter Buck Roan (Ben
Johnson) kriegt Junior tatsächlich dieses Monstertier zugelost...
Peckinpah behandelte bereits in seinen Frühwerken, bsp. "Sacramento"
eines seiner späteren Lieblingsthemen: Alternde Westernhelden in sich
verändernden Zeiten, die Figuren stehen zwischen zwei Welten oder zwei
Epochen. Ein Abgesang auf den alten Westen. Ein altes System mit viel
Freiheit für den Einzelnen muß weichen, es folgt die Anpassung an die
Moderne.
In "Junior Bonner" ist stark zu spüren, dass die Magie der Gründerzeit,
der Pioniere im amerikanischen Westen immer noch ihren Platz hat, auch
wenn der wilde Geist und das weite Land domestiziert wurde: Beim Rodeo
darf man immer noch mit Wagemut und Melancholie Cowboy sein, Pferde
reiten, Rinder einfangen - und auf harte Weise den "Mann" ausleben. Die
Zuschauer sind völlig aus dem Häuschen.
Auch eine Saloonschlägerei gehört dazu und wird von Peckinpah
stellenweise in Zeitlupe und Slow-Motion festgehalten. Sabbernde
Gesichter, wenn sie zuschlagen dürfen - genauso sabbernd wie die Stiere
beim alles entscheidenden Rodeoritt angestrengt aus den Mäulern
spritzen, um den unliebsamen Reiter in den Dreck zu werfen.
Unterbrochen wird die Keilerei in der Kneipe nur dadurch, dass jemand
die Nationhymne anstimmt und dann alle aus voller Kehle mitsingen.
Peckinpah kann auch in einem vermeintlich harmlosen Rodeofilm recht
gallig und zynisch sein.
Thematisch ist "Junior Bonner" sogar verwandt mit den Altman Filmen
"Buffalo Bill und die Indianer" oder "Nashville". Ein durchweg
stimmiges, subversives Kaleidoskop über den Wilden Westen nach seiner
grossen Zeit oder in der Jetztzeit.
Leider muss ich den Vorrezensenten beipflichten:
Hier darf man sich wirklich extrem ärgern, alles beginnt im tollen
Widescreen - solche Filme brauchen auch dieses Format, um zu wirken.
Aber dann, nachdem der Vorspann zu Ende ist, ein jäher Schnitt und der
Film läuft dann bis zum Abspann plötzlich in einem Vollbild.
Eine katastrophale Entscheidung diesen Film mit einem eingeengten
Format, dass nicht das gesamte Bild zeigt, die epische Kraft zu rauben.
Schade, denn der Film ist sehr empfehlenswert. Es ist nicht Peckinpahs
Bester, aber er hätte es durchaus verdient mehr Aufmerksamkeit zu
erhalten, der Film punktet mit guten Darstellern und tollen Bildern von
Russ Ballard. Leider wird es mit dieser dilettantischen Veröffentlichung
wohl kaum gelingen neue Fans zu begeistern.
Eigentlich verdient sowas keine Kaufempfehlung. Ich bewerte nur den Film
in der Hoffnung, dass hier vielleicht doch noch eine adäquate
Veröffentlichung erscheint.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen