Samstag, 19. Februar 2022

Junior Bonner (Junior Bonner)



Regie: Sam Peckinpah

Zeiten verändern sich...

"Junior Bonner" ist einer der weniger bekannten Filme von Sam Peckinpah. Er entstand 1971, also zwei Jahre nach seinem Welterfolg "The Wild Bunch" und ein Jahr vor seinem kommerziell erfolgreichsten Streifen "Getaway". Die Kritik war mau und auch das Publikum fand den Neo-Western eher uninteressant, was sich an den mageren Zuschauerzahlen bewies.
Vielleicht weil "Junior Bonner" eher eine verhalten inszenierte und melancholische Charakterstudie ist und auch keine Gewaltexzesse stattfinden.
Stattdessen wirkt der Film fast etwas dokumentarisch und schaut dem üppigen Treiben eines Rodeo zu.
Arizona in den frühen Siebzigern: Es ist Unabhängigkeitstag und in der Stadt findet die alljährliche Parade und das anschliessende grossangelegte Rodeo statt. Grund genug, dass Junior (Steve McQueen) seine alte Heimat und seine Familie besucht. Er hat sich fest vorgenommen in der gefährlichsten Disziplin beim Rodeo, dem Bullenreiten, diese magischen 8 Sekunden zu schaffen. Doch der Stier, den er gerne reiten würde, ist gefürchtet und legendär. Das Preisgeld käme auch gelegen, weil Junior wieder mal Pleite ist.
Er ist ähnlich wie sein Windhund von Vater. Ace Bonner (Robert Preston), der Weiberheld, Rodeoreiter, Goldsucher, Alkoholiker, Großmaul und Taugenichts. Anders die bodenständige Mom Elvira (Ida Lupino), die die Eskapaden ihres Mannes all die Jahre stillschweigend und zähneknirschend ertrug. Curly (Joe Don Baker) ist der clevere und ungleiche Bruder, ein Grundstückspekulant und DER Familienkapitalist. Verheiratet mit der hübschen Ruth (Mary Murphy


Während Junior die Freiheit liebt und es nie lange an einem Ort aushält und sein ganzes Leben eine grosse Rodeotour zu sein scheint, hat es Curly geschafft im weiten Land sesshaft zu werden und den neuen "american Way of Life" erfolgreich zu leben. Er rechnet in Dollar, der wilde Bruder in Sekunden.
Durch seine Freundschaft mit dem Rodeoveranstalter Buck Roan (Ben Johnson) kriegt Junior tatsächlich dieses Monstertier zugelost...
Peckinpah behandelte bereits in seinen Frühwerken, bsp. "Sacramento" eines seiner späteren Lieblingsthemen: Alternde Westernhelden in sich verändernden Zeiten, die Figuren stehen zwischen zwei Welten oder zwei Epochen. Ein Abgesang auf den alten Westen. Ein altes System mit viel Freiheit für den Einzelnen muß weichen, es folgt die Anpassung an die Moderne.
In "Junior Bonner" ist stark zu spüren, dass die Magie der Gründerzeit, der Pioniere im amerikanischen Westen immer noch ihren Platz hat, auch wenn der wilde Geist und das weite Land domestiziert wurde: Beim Rodeo darf man immer noch mit Wagemut und Melancholie Cowboy sein, Pferde reiten, Rinder einfangen - und auf harte Weise den "Mann" ausleben. Die Zuschauer sind völlig aus dem Häuschen.
Auch eine Saloonschlägerei gehört dazu und wird von Peckinpah stellenweise in Zeitlupe und Slow-Motion festgehalten. Sabbernde Gesichter, wenn sie zuschlagen dürfen - genauso sabbernd wie die Stiere beim alles entscheidenden Rodeoritt angestrengt aus den Mäulern spritzen, um den unliebsamen Reiter in den Dreck zu werfen.
Unterbrochen wird die Keilerei in der Kneipe nur dadurch, dass jemand die Nationhymne anstimmt und dann alle aus voller Kehle mitsingen. Peckinpah kann auch in einem vermeintlich harmlosen Rodeofilm recht gallig und zynisch sein.
Thematisch ist "Junior Bonner" sogar verwandt mit den Altman Filmen "Buffalo Bill und die Indianer" oder "Nashville". Ein durchweg stimmiges, subversives Kaleidoskop über den Wilden Westen nach seiner grossen Zeit oder in der Jetztzeit.
Leider muss ich den Vorrezensenten beipflichten:
Hier darf man sich wirklich extrem ärgern, alles beginnt im tollen Widescreen - solche Filme brauchen auch dieses Format, um zu wirken. Aber dann, nachdem der Vorspann zu Ende ist, ein jäher Schnitt und der Film läuft dann bis zum Abspann plötzlich in einem Vollbild.
Eine katastrophale Entscheidung diesen Film mit einem eingeengten Format, dass nicht das gesamte Bild zeigt, die epische Kraft zu rauben.
Schade, denn der Film ist sehr empfehlenswert. Es ist nicht Peckinpahs Bester, aber er hätte es durchaus verdient mehr Aufmerksamkeit zu erhalten, der Film punktet mit guten Darstellern und tollen Bildern von Russ Ballard. Leider wird es mit dieser dilettantischen Veröffentlichung wohl kaum gelingen neue Fans zu begeistern.
Eigentlich verdient sowas keine Kaufempfehlung. Ich bewerte nur den Film in der Hoffnung, dass hier vielleicht doch noch eine adäquate Veröffentlichung erscheint.


Bewertung: 8 von 10 Punkten.

 

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