Regie: John McLean
Der dumme Junge und der Wilde Westen...
Der britisch-neuseeländische Western "Slow West" erfindet natürlich
das Genre nicht neu, aber es gelingt diesem Film von John McLean durch
die sehr edle Machart zu überzeugen und in die Tradition interessanter
und ungewöhnlicher Genreperlen aufzusteigen. Erinnert hat mich der
Neowestern vor allem auch an den völlig unterbewerteten und leider auch
in Vergessenheit geratenen 70er Jahre Spätwestern "Begrabt die Wölfe in
der Schlucht" von Ted Kotcheff mit dem ebenfalls ungleichen Duo Gregory
Peck und Desi Arnaz jr. Nur werden sie dort von den Gesetzeshütern
gejagt, in "Slow West" sind Michael Fassbender und Kodi Smit-McPhee die
Suchenden. Allerdings ist es ebenfalls eine Geschichte von Jäger und
Gejagten.
Dabei empfinde ich gerade die Figur, die Kodi Smit-McPhee
spielt, die interessanteste in der Geschichte. Er ist der 16jährige
schottischer Adlige Jay Cavendish, der aus seiner Heimat in eine
vermeintlich neue Welt gereist ist. Dort in der Weite von Colorado ist
der Junge auf der Suche nach seiner großen Liebe Rose (Caren Pistorius),
die kurz vor ihm mit ihrem Vater (Rory McCann) das Heimatland verlassen
musste. Im Laufe der Geschichte wird durch Rückblenden auch klar warum.
Rose war zwar immer geschmeichelt von den Avancen ihres jungen
Verehrers, aber so ganz ernst hat sie ihn nie genommen. Sie nannte ihn
"Dummer Junge" und genauso wie ein Narr wandert Jay nun mit grenzenlosem
Ehrgeiz durch das Wilde Land. Es ist die Zeit des Bürgerkriegs. Und
immer wieder hat er mehr Glück als Verstand, dass er überlebt. Als ihn
einige Deserteure überfallen, bekommt er überraschende Hilfe des
wortkargen Outlaws Silas (Michael Fassbender), der zur rechten Zeit am
rechten Ort auftaucht um ihm das junge Leben zu retten. Jay erkennt,
dass er auf der Suche nach Rose, mehr braucht als seinen Kompass, sein
Handbuch für Reisende und seine Poesie. So wird Silas für 100 Dollar
sein Begleiter werden.
Doch die beiden sind sehr verschieden, so dass
es auf ihrer gemeinsamen Reise auch immer wieder zu Spannungen kommt.
Jay versucht sich zu trennen und trifft auf den Anthropologen Werner
(Andrew Robertt), der an einer Chronik über die Ausrottung der Indianer
schreibt, aber von dem Jay auch mies betrogen wird. Silas muss den
Jungen retten. In einem Handelsposten braucht Jay sein Gewehr, der
Zuschauer sieht draußen den Steckbrief von Rose und ihrem Vater hängen.
Ein Kopfgeld von 2.000 Dollar gibt es - tot oder lebendig. Dies weiß
Silas, der - genauso wie eine üble Kopfgeldtruppe unter der Führung von
Payne (Ben Mendelsohn) und ein weiterer Killer namens Victor (Edwin
Wright) - hinter den beiden Gesuchten her ist. Und der unwissende Jay
führt die Killer ohne Wissen direkt zu seiner Rose...
Macleans kleiner, brillant besetzter Film zeigt mit melancholischer Geste, wie der Westen höchstwahrscheinlich wirklich war: Viele europäische Einwanderer kamen, um ihr Glück zu finden; die meisten litten unter bitterer Armut und wurden wunderlich, verrückt, kriminell. Oder sie starben einfach, durch Pech und Kugeln, die damals wie heute sehr locker in den Pistolen saßen. Wer überlebte, musste Ruchlosigkeit lernen, wie Rose, die süße Angebetete, die sich als kaltblütige Schützin erweist.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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