Regie: Arthur Penn
Die unfassbare und unglaubliche Geschichte des Jack Crabb...
Ende der 1980er Jahre in einem Altersheim: Der 121 jährige Jack Crabb
(Dustin Hoffman) ist der einzige weiße Überlebende der legendären
Schlacht am Little Big Horn, die am 25. Juni 1876 stattfand. Das 7.
Kavallerieregiment unter George Armstrong Custer (Richard Mulligan)
wurde dort von Indianern der Lakota Sioux, Arapaho und Cheyenne unter
den Führern Sitting Bull, Crazy Horse und Gall am Little Bighorn River,
Montana vernichtend geschlagen. Diese Schlacht gilt als eine der ganz
wenigen großen indianischen Siege gegen die Übermacht der US Army.
Custer beging dort den folgenschweren Fehler die Lage völlig falsch
einzuschätzen, er rechnete nicht damit, dass das Kriegslager des Feindes
so groß war. Crabb war dabei und erzählt dem Reporter einen Ausschnitt
aus der Geschichte seines Lebens in diesen vergangenen Gründertagen.
Als 10jähriger Junge verliert Crabb (Ray Dimas) bei einem Überfall der
Pawnee seine Familie, die mit einem Siedlertreck in der Prärie unterwegs
war. Er ist der einzige Überlebende seiner Schwester Caroline (Carole
Androsky) und beide werden von einem Cheyenne Indianer aufgefunden und
mitgenommen. Caroline flieht, aber Jack bleibt bei den Menschenwesen,
wie sich die Indianer nennen. Er wird vom weisen Häuptling Old Lodge
Skins (Chief Dan George) als Enkel adoptiert und verbringt sein Leben
auch als Jugendlicher (Alan Howard) dort, lernt jagen und reift dort zum
jungen Krieger heran. Jack ist nicht besonders groß und erst durch die
Rettung des etwa gleichaltrigen Younger Bear (Steve Miranda, später Cal
Bellini) erlangt er den völligen Respekt seiner Kameraden und des ganzen
Stammes. Er erhält den Namen "Little Big Man. Bei einem Gefecht
zwischen den Indianern und einer Einheit der US-Kavallierie gibt er sich
den Soldaten als Weißer zu erkennen und kehrt daher in die Welt der
Bleichgesichter zurück. Bei Pfarrer Pendrake (Thayer David) und dessen
merklich jüngerer Frau (Faye Dunaway) soll er wieder zum christlichen
Mitglied der Gemeinde umerzogen werden. Die Welt ist ihm aber fremd
geworden. Er flieht dort und betätigt sich eine Zeitlang als Gehilfe des
Wander-Quacksalbers Mr. Merriweather (Martin Balsam), der dort
unbedarften Siedlern eine selbstgebraute Mixtur als Wunderheilmittel
anbietet. Er trifft wieder auf seine Schwester Caroline und wird in
Folge ein Revolverheld und lernt sogar Wild Bill Hickok (Jeff Corey)
kennen. Dann heiratet Jack die Schwedin Olga (Kelly Jean Peters), die
bei einem Überfall der Indianer verschleppt wird. Auf der Suche nach
seiner Frau begegnet er wieder den Cheyenne, verlässt diese aber wieder
und wird zum Eselstreiber bei dem führenden Armeeoffizier Custer in der
Hoffnung seine immer noch vermisste Frau zu finden. Er wird dann
erstmalig Zeuge von einem brutalen Massaker der Soldaten an den
Cheyenne, wo sein einstmaliger Finder Shadow that comes inside (Ruben
Moreno) stirbt. Jack kann aber dessen Tochter Sunshine (Aimee Eccles)
retten, die während der Kämpfe ein Kind bekommt. Das Mädchen wird seine
Frau und er bleibt bei den Menschenwesen. Doch seine Odyssee zwischen
den Kulturen ist noch nicht beendet. Er erlebt das grausame Massaker am
Washita River mit, verliert dort erneut die aufgebaute Existenz bei den
Menschenwesen, strauchelt erneut in der Zivilisation bei den Weißen und
trifft erneut auf den größenwahnsinnigen General.
Arthur Penns bekanntestes Werk ist sicherlich "Bonnie und Clyde". Im Westerngenre war er zweimal erfolgreich tätig. "Little Big Man" enstand 1970, sechs Jahre später gelang ihm ein weiterer Erfolg mit "Duell am Missouri", einem sonderbaren, aber extrem unterhaltsamen Schlagabtausch zwischen Jack Nicholson und Marlon Brando. Beide Arbeiten sind sehr unterschiedlich. "Little Big Man" ist als eine Art Schelmengeschichte verpackt, kann aber auch als epischer Anti-Western bestehen und zeigt einen untypischen Westernhelden. Jack Crabb ist ein Entwurzelter und liefert mit seiner Erzählung nicht nur ein vernichtendes Porträt von General Custer, sondern zeigt realistisch die Greueltaten der Eroberungspolitik des weißen Mannes, begangen an den Menschenwesen. Diese werden in ihrer Kultur und Weltanschauung vor allem durch den alten Häuptling verkörpert. Selten gab es eine überzeugendere Darstellung einer Nebenrolle. Chief Dan George wurde für seine Rolle oscarnominiert, verlor aber gegen John Mills, der in "Ryans Tochter" überzeugen konnte. Harry Stradling jr. (Sohn von Harry Stradling) war verantwortlich für die Bilder und lieferte hier neben "700 Meilen westwärts" seine beste Arbeit in seiner Laufbahn ab. Mit der Thematisierung der Massaker inspirierte Arthur Penns Film sicherlich auch den kurze Zeit später enstandenen Western "Soldier Blue", der ein weiteres Massaker, das 1864 stattgefundene Sand Creek Massaker, in noch viel drastischeren Bildern dem Zuschauer verdeutlichte. "Little Big Man" ist eine satirisch anmutende Tragikomödie, die sich zum Ziel gesetzt hat den Wilden Westen zu entmythologisieren. Hier wird der American Way of life von der bitteren Realität eingeholt, das Heldenbild weicht der realistischen und brutalen Auseinandersetzung zwischen Indianern und Kolonisten.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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