Regie: Clint Eastwood
Der Prediger...
Clint Eastwoods "Pale Rider" entstand 1985 - lange vor dem
oscarprämierten "Erbarmungslos", sorgte aber damals mit dem fast
zeitgleich erschienenen "Silverado" für eine gewisse Neubelebung des
Westerns, der seit Jahrzehnten immer wieder totgesagt wird...und
trotzdem immer wieder alle paar Jahre durch einige exzellente Werke doch
für kurze Momente wieder groß auflebt.
In einer Zeit des technisch aufgemotzten Actionfilms, wo es alle paar
Sekunden krachen und knallen muss, wirkt so ein später Spätwestern in
seiner ruhigen Erzählweise natürlich manchmal wie ein Relikt aus der
Vergangenheit und hat es an der Kinokasse auch dementsprechend schwer,
aber die Zahlen von "Silverado" (US-Einspiel: 32 Millionen Dollar) und
"Pale Rider (41 Millionen Dollar) waren richtig gut.
Und dabei sind Filme wie "Pale Rider" doch geradezu wie geschaffen für
die grosse Leinwand. Diese grandiosen Landschaftsaufnahmen eines neuen,
noch ungezähmten grossen Landes, das in dieser kargen, noch gesetzlosen
Zeit durch viele Neubürger besiedelt wird, urbar gemacht wird und wo
sich der Übergang zwischen Wildnis und dem Entstehen einer Nation gerade
erst andeutet. Der Siegeszug durch die Technik wird auch schon
angedeutet, man kann daher "Pale Rider" auch als Kritik an der
Zerstörung der Natur deuten, denn der Bösewicht ist ein übermächtiger
und vermögender Minenbesitzer.
So grandios, wie die Bilder sind, so minimalistisch und genial ist die
Handlung des Films. Der Kampf einer Gruppe von armen Goldschürfern gegen
die Übermacht des bereits etablierten Minenbesitzers Coy La Hood
(Richard Dysart) und seinem Sohn Josh (Christopher Penn). Um die Gruppe
hart arbeitender Goldschürfer zu vertreiben, die noch das Anrecht auf
ein Stück Land haben und dort leben. Coy La Hood möchte aber das gesamte
Land mit neuen industriellen Methoden besitzen und abgraben. In der
ersten Szene machen die Männer von La Hood einmal mehr einen Besuch bei
den Goldgräbern, schießen auf ihren Pferden wie wild herum und zerstören
mutwillig den Besitz oder knallen Kühe und auch den kleinen Hund der
15jährigen Megan (Sydney Penny) ab. Eine Abschreckung, damit die
Menschen dort verschwinden. Megan ist die Tochter der alleinstehenden
Sarah Wheeler (Carrie Snodgress), die mit Hull Barrett (Michael
Moritary) zusammen lebt, aber sich noch nicht durchringen konnte ihn
auch zu heiraten. Megan betet verzweifelt darum, dass Gott ein Wunder
geschehen lassen soll und dies kommt tatsächlich in der Gestalt eines
Predigers (Clint Eastwood). Der entpuppt sich nicht nur als gläubiger
Gottesmann, sondern als charismatischer Führer und er beweist auch
gleich, dass er im Kampf gegen die Übermacht von La Hoods Männer eine
sehr gute Figur macht. La Hood erkennt sofort, dass der Fremde eine
Gefahr darstellt und bietet ihm den Bau einer Kirche und Reichtum an.
Der Prediger lehnt dieses Angebot ab, denn man kann nicht Gott und
gleichzeitig dem Mammon dienen und stellt sich eindeutig auf die Seite
der Unterdrückten. Das macht ihn für die junge Megan, aber auch für
deren Mutter attraktiv. La Hood hat inzwischen den berüchtigten Marshall
Stockburn (John Russell) mit seinen sechs Deputys engagiert, denen der
Ruf vorauseilt eine fiese Auftragskillerbande zu sein. Nachdem mit
Spider Convay (Doug McGrath), er ein riesiges Stück Gold gefunden hat,
einer der Goldgräber von Stockburns Leuten brutal erschossen wurde,
zeigt der Prediger seine zweite Identität: Den Revolverhelden....
Und damit beginnt auch schon einer der allerbesten Showdowns im Genre Western. Dessen "Pale Rider" wird als geheimnisvolle Figur zwischen Gut und Böse gezeigt. Einerseits ist er der Mann Gottes, die Gegner sagen aber von ihm, dass er direkt aus der Hölle kommt. Total überlebensgroß und in der Tradition von "Shane", dem Klassiker von George Stevens. Eastwood verkörpert diese völlig ambivalente Figur. Sein Racheengel trägt auch Züge von "Mundharmonika" aus dem Leone Klassiker "Spiel mir das Lied vom Tod" - hier hat sich Eastwood auch optisch inspirieren lassen. Die Stockburn Gang trägt ähnlich lange Mäntel wie die Killer in Leones Meisterwerk. Am Ende seiner Mission reitet der Fremde, der aus dem Nichts kam, wieder wortlos fort - zurück in die Wildnis. Begleitet wird er dort von der eindringlichen Filmmusik von Lennie Niehaus, die am Ende mit einem ganz besonders düsteren Klang diese Geschichte ausklingen lässt. Kameramann Bruce Surtees, Sohn von Robert Surtees (ebenfalls Kameralegende), zeigt hier seine beste Leistung in diesem Metier.
Für mich Clint Eastwoods bester Film überhaupt.
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